Korsika, April/Mai 2023
In der Vorsaison können wir Land und Leute auf der viertgrössten Insel im Mittelmeer ohne Touristenhektik voll geniessen. Architektonisch herausragende Bauten aus früheren Epochen gibt es kaum. Dafür sind die Gespräche mit den Einheimischen umso interessanter, deren skeptische Haltung gegenüber der französischen Zentralregierung immer wieder zum Ausdruck kommt.
Höhepunkte unserer Reise sind das spezielle korsische Flair z.B. in Calvi und Bonifacio und in den kleinen Bergdörfern, aber auch viele schöne Wanderungen in einer noch ursprünglichen Bergwelt. Als absolutes Top-Highlight entpuppt sich unser Segeltörn mit Karibikfeeling entlang der südlichen, abwechslungsreichen Küstenlinie.
Krustentiere
Das malerische Fischerdorf Centuri-Port am Cap Corse ist u.a. bekannt für seine Langustengerichte. In grossen Wasserbecken stellen Restaurantbesitzer verschiedene Krustentiere zur Schau. Wir bewundern einen ca. 50-jährigen, gut 5 kg schweren Hummer. Andy getraut sich eine grosse Spinnenkrabbe an ihren Scheren zu halten und ist überrascht, wie viel Kraft dieses Tier entwickelt, um sich zu befreien!
Wir bestellen uns ein Menu mit Langusten, die im Gegensatz zu Hummer und Krabben keine Zangen, dafür jedoch längere Antennen besitzen. Strenge Vorschriften sollen garantieren, dass deren Bestand nicht gefährdet wird. Nur von April bis Oktober dürfen sie mit Netzen im Meer und ab einer Länge von 22-25 cm bzw. 12 cm, von der ersten Antenne bis zum Schwanzanfang, gefangen werden.
Hotel les Roches Rouges
Als wir das etwas heruntergekommene Hotel von aussen betrachten, haben wir das Gefühl, uns geirrt zu haben. Aber schon beim Betreten des Belle Epoque Baus aus dem Jahr 1912, ist der Charme sofort allgegenwärtig. An vielen Ecken erinnern Gegenstände und Fotos an vergangene Zeiten. Die Prunkstücke des altehrwürdigen Hotels sind jedoch ohne Zweifel der wunderschöne Speisesaal, sowie die Aussichtsterrasse mit unübertrefflichem Ausblick auf den türkisfarbenen Golf von Porto und die bizarren, rötlichen Granitsteinfelsen der Calanches.
Alles nur möglich, weil Mady, die sympathische Chefin und Besitzerin als waschechte Korsin vom Ort, im Jahre 1986 das seit 1965 leer stehende und verwahrloste Hotel kaufte und seit dem viel Herzblut und Geld in ihr Lebenswerk steckt.
Schweine
Grundsätzlich dürfen sich Nutztiere in Korsika frei bewegen. Land- und Hausbesitzer schützen deshalb mit Vorteil ihre Anwesen vor herumlaufenden Kühen und Schweinen! Wer dies als Tourist auf der Insel nicht weiss, dürfte ganz schön erstaunt sein, wenn ihm am Strand Kühe begegnen oder während einer Autofahrt im Waldgebiet plötzlich eine grosse Rotte Schweine die Strasse versperrt. Mehrere Frischlinge haben es sogar auf Andy's gelbfarbene Joggingschuhe abgesehen...Zum Glück handelt es sich um "halbwilde" Schweine, d.h. an Menschen gewohnte Tiere, die sich regelmässig auch mit Wildschweinen paaren...!
Übrigens: die korsischen Charcuterie-Spezialitäten (Coppa, Prisutu etc.) sind besonders aromatisch, dank der Bewegung und der natürlichen Nahrungsaufnahme der Schweine im Freien.
Wanderungen
Durch die vielfältige Natur zieht sich im Parc Naturel Régional de Corse, der 40% der Inselfläche im Landesinnern abdeckt, ein grosses Wanderwegenetz von rund 2000 km.
Aber aufgepasst, einige Wanderwege haben es in sich! Ich finde die z.T. längeren Kraxelabschnitte über höhere Felsstufen auf normalen Bergwanderwegen eher ungewöhnlich und mühsam. Zudem sind die Wege oft ungenügend markiert und wir verlieren dadurch unnötig Zeit!
Wer hier unvorsichtig ist oder sich überschätzt, kann böse Überraschungen erleben.
Segeltörn
Während im Osten der Insel die Küsten flach abfallen und teilweise kilometerlange Strandabschnitte aufweisen, ist die West- und Südküste oft steil und felsig, aber auch mit vielen Buchten durchsetzt. Das Küstengebiet zwischen Ajaccio, Bonifacio und Porto Vecchio eignet sich deshalb hervorragend für Ausflüge mit dem Segelboot.
Was gibt es Schöneres und Erholsameres als bei gutem Wetter und genügend Wind über das türkisblaue Meer zu gleiten, die imposanten Kalksteinklippen vom Wasser aus zu betrachten und dazwischen immer wieder in einer der wunderschönen Buchten zu ankern und vor allem in der Nebensaison praktisch alleine die Ruhe inmitten der Natur zu geniessen!